Donnerstag, 7. Februar 2013

Rapunzel


Es war einmal ein Ehepaar, das sich schon lange Zeit nach einem Kind sehnte. Aus ihrem Haus konnten die beiden auf einen großen Garten blicken, der mit den schönsten und buntesten Blumen gesegnet war. Allerdings gehörte er einer gefürchteten Zauberin, die um ihn herum eine dicke Mauer gezogen hatte.
Eines Tages erspähte die Frau in dem Garten ein Beet mit frischen Rapunzeln. Sie bekam große Lust, von dem herrlichen Gewächs zu essen. Aufgrund des Wissens, nicht an die Rapunzeln heranzukommen, fühlte sie sich zunehmend elendig. "So gerne würde ich von ihnen kosten. Es möchte meinen Tod bedeuten, sollte ich nie von ihnen essen können", sprach sie zu ihrem Mann. Er wollte seine Frau nicht sterben lassen, kletterte in der Nacht über die Mauer und brachte seiner Frau einige der Pflanzen. Diese bereitete sofort einen Salat zu, den sie verschlang.
Allerdings wurde ihre Lust auf die Rapunzeln immer größer, so dass ihr Gemahl erneut über die Mauer kletterte. "Was erlaubst du dir, auf meinem Grundstück herum zu trampeln?", hörte er eine Stimme. Die erboste Zauberin stand vor ihm. Der Mann sprach zitternd: "Ich wollte kein Dieb sein, aber meine Frau war so gierig auf die köstlichen Rapunzeln, dass ich sie ihr einfach bringen musste." "Nun, dann sei es so", sprach die Zauberin und fügte an: "Du kannst dir so viele Rapunzeln nehmen, wie du willst. Zum Tausche jedoch gehört das erste Kind aus eurer Ehe mir." Der Mann bejahte den Tausch und nur wenige Woche später war seine Frau mit einem Mädchen schwanger.
Sogleich als das Kind geboren war, kam die Zauberin und holte sich, was ihr der Mann versprochen hatte. Sie nannte das Mädchen, das wunderschön war, Rapunzel. Im Alter von zwölf Jahren sperrte die Zauberin Rapunzel in einem treppenlosen Turm, der nur oben ein schmales Fenster hatte. Um in den Turm gelangen zu können, rief die Zauberin jedes Mal: "Rapunzel, Rapunzel! Lasse mir dein Haar hinab." Rapunzel hielt dann ihre langen Haare aus dem Fenster, so dass die Zauberin hinaufsteigen konnte.


Einige Jahre später ritt der Sohn des Königs an dem Turm vorbei und hörte die zarte Stimme der singenden Rapunzel. Da er nicht in den Turm einkehren konnte, ritt er nach Hause, doch die Erinnerung an die Stimme ließ ihm keine Ruhe. So ritt er immer wieder zu dem Turm, hörte eines Tages die Zauberin ihren Spruch rufen und beobachtete, wie sie hinaufkletterte. Er wartete, bis sie wieder verschwunden war und rief in der Dämmerung ebenfalls den Spruch. So fielen auch für den Königssohn die prächtigen Locken hinunter und er stieg hinauf. Rapunzel war schnell von der Schönheit des jungen Mannes beeindruckt. Sie entschied, mit ihm gehen zu wollen, doch konnte nicht hinabsteigen. Also bat sie ihn, ihr bei jedem Besuch ein Stückchen Seide mitzubringen, aus der sie eine Leiter flechten könne.
Eines Tages jedoch erzählte Rapunzel der Zauberin im Eifer von dem Königssohn. Voller Zorn schnitt sie ihr die Haare ab und brachte das Mädchen in eine noch verlassenere Gegend. Als der Königssohn in der nächsten Nacht seinen Spruch rief, war es die Zauberin, die Rapunzels Haare hinab ließ. Oben angekommen bemerkte er den Schwindel, sprang aus dem Turm und landete in einem spitzen Dornenbusch, der ihm das Augenlicht nahm. So irrte er lange Zeit umher, ernährte sich nur von dem, was er am Wegesrand fand und trauerte um seine geliebte Rapunzel. Irgendwann jedoch, nach langer Zeit und viel Kummer kam er in die Gegend, in der Rapunzel ärmlich lebte. Als das schöne Mädchen ihren Liebsten sah, weinte sie so sehr vor Wiedersehensfreude, dass ihre Tränen die Augen des Königssohns trafen, der daraufhin wieder sehen konnte. Er führte sie in sein Königreich, wo sie lange und voller Glück lebten.


 Text von http://maerchen.woxikon.de



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen